Das Angerdorf Rickelrath als nördlichster Ortsteil der Mühlenstadt Wegberg befindet sich auf der Schwalm-Nette-Platte und wird westlich von der Schwalm, nördlich vom Hellbach und nordöstlich vom Knippertzbach eingegrenzt. Die südliche Grenze zum Stadtgebiet Wegberg bildet der Mühlenbach (Alsbach).
Der Ort ist zu allen Seiten von Wäldern umgeben. Die landwirtschaflich genutzten Flächen befinden sich überwiegend östlich des Dorfes.
Im folgenden wollen wir euch die „Geschichte Angerdorf Rickelrath“ nahe bringen.
Der Name Rickelrath und dessen Ursprung
Der Name Rickelrath stammt aus der germanischen Landnahmezeit.
Seine Namensendung „rath“ wie auch „rode“ oder „rade“ weisen auf eine Rodung hin.
Er leitet sich ab von „richolferod“ gleich Rodung des Rickolf . Der Name wurde 966 erstmalig in einer Urkunde von Kaiser Otto I. erwähnt. In dieser Urkunde tauschte der Graf Immo den Mühlgau , zu dem Rickelrath gehörte, mit Kaiser Karl Otto I. gegen Tongeren.
Damit beginnt 966 die offizielle Geschichte Rickelraths.
Sie macht Rickelrath damit zum ältesten nachgewiesenen Ortsteil der Mühlenstadt Wegberg.
Durch eine Schenkung gelangte Rickelrath später in den Besitz des Aachener Marienstifts und verblieb dort bis zur französischen Zeit.
Römische Spuren in Rickelrath
Aber das Gebiet des heutigen Rickelraths war schon viel früher besiedelt. Zwar gab es noch keine Siedlung, aber viele Funde aus der Römerzeit beweisen, dass die Römer schon hier gewesen sind.
Nahe der Schrofmühle fand man in der ehemaligen „Sandgrube Vieten“ Teile einer römischen Siedlungsstelle.
Auf dem Bethelsberg „Am kleinen Telt“ wurde eine 30 x 50m große Fläche mit römischen Gefäßresten entdeckt. Daneben fand man auch „Am großen Telt“ Scherben römischen Ursprungs aus dem 2. bis 3. Jahrhundert nach Christus.
In der Nähe der Molzmühle entdeckte man einen römischen Brennofen und nördlich von Rickelrath in der Nähe des Hellbachs sind im Wald noch heute deutlich die Konturen einer alten Römerstraße zu erkennen.
Kirche Rickelrath
Zur Geschichte Angerdorf Rickelrath gehört natürlich auch die kirchlische Entwicklung.1683 wurde in Rickelrath eine Kapelle errichtet, die aufgrund ihrer Darstellung der Heiligen Stätten Palästinas kurze Zeit später zu einer Wallfahrtsstätte wurde. Durch den Zustrom der Pilger wurde diese schnell zu klein und führte zur Errichtung einer Kirche.
1803/1804 wurde Rickelrath zur selbständigen Pfarre in der Diözese Lüttich und gehörte seit 1822 zum Erzbistum Köln.
1830 erhielt die Kirche St. Mariä Himmelfahrt einen Kirchturm. Dieser prägt durch seine zentrale Lage im Anger das Rickelrather Ortsbild. Er bildet deshalb neben dem Anger und den Mühlen, das heutige Logo des Vereins „Angerdorf Rickelrath e.V. gegründet 2006“. Das Logo wurde 1970 zur verspäteten 1000 Jahrfeier vom damaligen Pfarrer Ewald Rüter entworfen.
Im Jahr 1835 zerstörte ein Brand eine Reihe von Häusern, die jedoch wieder auf den alten Fundamenten aufgebaut wurden.
Der ursprünglich die Kirche umgebende Kirchhof wurde 1878 durch die Neuanlage eines Friedhofes im nördlichen Bereich des Dorfes ersetzt.
Heute noch weisen einige alte Grabsteine an der Kirche auf die Nutzung als Kirchhof hin. Der älteste trägt die Jahreszahl 1698
Nachdem 1953 Teile der Kirche wegen Baufälligkeit einstürzten, wurde diese nach Plänen des Erkelenzer Architekten Heinz Tillmanns auf Basis der erhaltenen Bauteile erneuert. Damit erhielt das Gebäude sein heutiges Aussehen.
Wer genau von Osten (Seite des Pfarrgartens) hinschaut, kann dies heute noch deutlich erkennen, während der westliche Teil zur Dülkenerstraße komplett erneuert wurde.
Schule Rickelrath
1847 wurde ein Schulhaus auf der Schwaamerstraße errichtet. Dieses wurde nach dem 2. Weltkrieg in den 1950er Jahren durch einen Neubau ersetzt.
Teile des Gebäudes werden seit 2006 als Dorfgemeinschaftshaus genutzt. Es ist das heutige Anton Heinen Haus. In diesem Gebäude ist auch der Waldkindergarten „Rickelrather Waldgeister“ untergebracht.
Landwirtschaft in Rickelrath
Das Leben in Rickelrath wurde in der Vergangenheit stark von der Landwirtschaft geprägt. Es wurde hauptsächlich Getreide und Flachs angebaut und nebenbei Viehwirtschaft betrieben.
Kuhweide am Ortseingang Rickelrath Gänse Putenfarm Rickelrath
Wassermühlen
Um 1900 gehörten insgesamt vier Wassermühlen, die als Öl- und Kornmühlen betrieben wurden zu Rickelrath, um das angebaute Getreide und den Flachs weiterzuverarbeiten.
Die Holtmühle, die Schrofmühle und die Molsmühle am Mühlenbach und die Neumühle an der Schwalm, die sich an der heutigen Pumpstation zwischen Rickelrath und Schwaam befand und 1975 aufgrund von Baufälligkeit abgerissen werden musste.
Holtmühle Neumühle Molzmühle Schrofmühle
Wer aufmerksam durch den Rickelrath umgebenden Wald geht, wird in der Nähe von Mühlenbach und Schwalm noch sogenannte „Flachsrösten oder Flachskuhlen“ erkennen.
Dies Bodensenken wurden dazu verwendet, um den harten Bast von den Flachsfasern zu lösen, aus denen später Leinen gewebt werden konnte. (Weitere Informationen hierzu finden sie im Flachsmuseum Beeck und auf deren Homepage)
„Als Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts die Lage an den Bächen und die Waldnähe Rickelrath zu einem reizvollen Ausflugsziel machten, wandelten sich die Mühlen zu Gasthäusern“ (Janßen-Schnabel 2014, S. 339)
Die Schrofmühle wird heute als Mühlenmuseum betrieben. Infos hierzu findest du auf der Homepage des Schrofmühlenvereins.
Holtmühle und Molzmühle sind bekannte Ausflugslokale im Einzugsgebiet von Rickelrath.
Quellen:
- Festschrift aus Anlaß der 1000-Jahr-Feier – 4. Bis 7. September 1970
- „Angerdorf Rickelrath”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-252489 (Abgerufen: 26. Dezember 2019)
- Cohnen, Heinz (1984) – Heimatbuch der Stadt Wegberg: ein Geschichtsbeitrag. Wegberg.
- Janßen-Schnabel, Elke (2014) Denkmalbereich Wegberg-Rickelrath. In: Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege 44, S. 338-341. Köln.
Das Angerdorf und seine Bebaung
Rickelrath ist eines der wenigen Angerdörfer am linken Niederrhein.
Der Anger ist ein zentral gelegener Dorfplatz der von den Dorfbewohnern als Allmendefläche genutzt wird. Um diesen gruppieren sich die Höfe und Häuser.
Der von alten Obstwiesen eingenommene Dorfanger Rickelrath ist ellipsenförmig und wird durchschnitten von der Dülkener Straße.
Der Dorfanger wird umgeben vom Angerweg.
Von diesem wiederum führen in regelmäßigen Abständen Feldwege in die umliegende Feldflur.
An der breitesten Stelle des Dorfangers wurde 1683 eine Kapelle errichtet. An deren Platz befindet sich heute die Kirche St. Mariä Himmelfahrt. Sie ist heute eines der prägenden Elemente des Angerdorfs Rickelrath.
An den ursprünglich die Kirche umgebenden Kirchhof erinnern erhaltene Grabkreuze, von denen das älteste inschriftlich auf das Jahr 1689 datiert ist (de.wikipedia.org, Rickelrath).
Um den Dorfanger reihen sich die Höfe, deren Bausubstanz überwiegend aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammt.
Die Gründungen der Hofstellen erfolgten vermutlich jedoch viel früher. Von den Hofstellen leiten lange schmale Gärten, Obstwiesen und Wiesen in die anschließende Feldflur über.
An diese grenzen die Bruchwälder der Bachniederungen. Damit ist heute noch die historische Landnutzungsabfolge dokumentiert.
Die Gebäude sind überwiegend in Fachwerkbauweise mit Lehm- oder Backsteinausfachungen oder als Backsteinbauten errichtet.
Eine weitere Besonderheit Rickelraths sind die reedgedeckten Sattel- oder Krüppelwalmdächer, die an einigen Höfen noch erhalten sind.
Heutiger Zustand und kulturhistorische Bedeutung
Rickelrath hat aufgrund seiner Dorfform, seiner erhaltenen Bausubstanz und Kulturlandschaftselemente einen hohen Seltenheitswert.
Neben Rickelrath weisen nur noch Erkelenz-Tenholt, Selfkant Saeffelen sowie Bergheim-Rheidt (Janßen-Schnabel 2014, S. 341) die Form eines Angerdorfes auf.
Zwar ist der Dorfanger heute durch die asphaltierte Hauptstraße und den Durchgangsverkehr zerschnitten und beeinträchtigt, dennoch ist seine Funktion als Allmendefläche für Veranstaltungen sowie mit den Obstwiesen mit altem Baumbestand bis heute überliefert und ablesbar.
Die alten Gehöfte sind Zeugnisse der damaligen, landwirtschaftlich geprägten, auf den Flachs- und Getreideanbau fokussierten Lebensweise. Dies ist auch an den erhaltenen Flachsrösten, Mühlenstandorten und landwirtschaftlichen Nutzflächen ablesbar.
Der gute Erhaltungszustand des historischen Ortskernes spiegelt sich zudem in einer hohen Anzahl an denkmalgeschützten Gebäuden und der liebevollen Restaurierung und Instandhaltung durch deren Besitzer.
Die damals weit verbreitete Reetdacheindeckung hat heute ebenfalls Seltenheitswert für die Region Niederrhein.